Die Eröffnung des Johannesstifts in Wiesbaden
Mit dem Erwerb des Anwesens in der Platter Straße konnte die
praktische
Arbeit beginnen. Zunächst beauftragte man den Architekten Martin,
Pläne für die Herrichtung des Hauses zu erstellen. Man wollte keine
Zusatzbauten errichten, sondern das vorhan- dene Haus für die Zwecke
des zukünftigen Heims umbauen. Außerdem sah man es als zweckmäßig an,
das Grundstück mit einer hohen, undurchsichtigen Umzäunung zu umgeben.
Im Erdgeschoss wurden die Küche, die Vorratsräume und zwei Badezellen
untergebracht. Im ersten Stock richtete man eine Kapelle, ein
Sprechzimmer sowie mehrere Wohn- und Arbeitszimmer ein, der zweite
Stock nahm zwei Kinderzimmer, ein Kinderbade- und Wickelzimmer sowie
zwei große Schlaf räume auf. Für die übrigen Schlafräume wurde das
Dachgeschoss genutzt. Im Gartengelände wurde ein halbver- fallener
Stall zu einem Waschhaus umgebaut.
Wiesbadener Tagblatt; Montag, 28. Oktober 1907, Abendausgabe
Bei der
Einrichtung der Wohn- und Schlafräume ließ man aus finanziellen
Gründen, aber auch aus prinzipiellen Erwägungen größte Einfachheit
walten: „
...
es leitete uns auch der Gedanke, unsere Schützlinge in keiner Weise zu
verwöhnen. Sie sollen sich beim Eintritt in Dienststellen auch in
einfache Verhältnisse fügen und nicht nach modernen Bequemlichkeiten
verlangen, die ihnen die Herrschaften oft mit dem besten Willen nicht
geben können." 23
Es ist herauszuhören, dass den meisten der Schützlinge im
Johannesstift
als spätere Möglichkeit zum Broterwerb wohl nur die Arbeit als
Dienstmädchen offenstand.
Bischof
Dominikus Willi
(Bildnachweis:
Bischöfliches Ordinariat Limburg)
Am 24. Oktober
1907 trafen die fünf Augustinerinnen aus Köln ein, die im
Johannesstift wirken sollten. Das Amt des Heimseelsorgers übernahm
auf
Wunsch des Limburger Bischofs Pfarrer Gruber. Dr. med. Berberich
stellte sich als Anstaltsarzt zur Verfügung, unterstützt durch den
Frauenarzt Dr. med. Birmer und den Zahnarzt Dr. med. Christ. Als
juristischer Beirat fungierte Rechtsanwalt Kriese. Die Eröffnung des
Hauses hatte man auf den 28. Oktober festgesetzt. Am Vormittag traf
Bischof Dominikus Willi in Begleitung von Prälat Dr. Keller und
Pfarrer Gruber ein, um das Haus zu weihen. Auch die General- oberin
der
Augustinerinnen aus Köln war gekommen. Am Nachmittag fand im Beisein
von Oberregierungsrat von Gisyki (als Vertreter des
Regierungspräsidenten), von Polizeipräsident von Schenck,
Landeshauptmann Geheimrat Krekel und weiteren Personen des
öffentlichen Lebens die Eröffnungsfeier statt. Domdekan Prälat
Hilpisch hielt die Festrede.
Lizenz: CC BY-NC-ND 3.0